Hypochondrisch humorvoll – Ein Krankenbett packt aus

Molières “Der eingebildete Kranke” – ein vergnüglicher Theaterabend am Ritze

Aktuell: Der Literaturkurs ist wohl so auf den Geschmack gekommen, dass das Stück morgen, 20.06., im 2. Block noch einmal für interessierte Klassen und weitere Kollegen aufgeführt wird. Herzlichen Dank für dieses tolle Angebot – es lohnt sich!

240619. Ach, was für ein Drama! Es war wieder mal ein besonderer Theater-Abend am Ritze. Der Q1-Literaturkurs hatte beschlossen, Molières Klassiker “Der eingebildete Kranke” aufzuführen. Und ich, ein bescheidenes, im Bethlehem-Krankenhaus ausgemustertes und in Pension geschicktes Krankenbett, fand mich im Zentrum dieses spritzigen Chaos wieder. Lasst mich euch sagen, es war ein Schauspiel, das sowohl die Lachmuskeln als auch die Zwerchfelle strapazierte – und das nicht nur wegen meiner unbequemen Matratze!

Worum geht es:

Alles dreht sich um Argan, einen Hypochonder ganz großen Kalibers, der mehr Zeit mit seinen Ärzten als mit seiner Familie verbringt und leichtgläubig ihren oftmals absurden Diagnosen und Behandlungsmethoden vertraut. Seine listige, aber auch loyale Dienerin Toinette macht sich einen Spaß daraus, seine eingebildeten Krankheiten zu durchschauen, während seine goldgelb-geldgierige Frau Béline heimlich sein Testament durchstöbert.

Als Argan, der so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass er die Bedürfnisse und Gefühle seiner Familie ignoriert, seine Tochter Angélique mit dem toll-patschigen und ehrfürchtigen Medizinstudenten Thomas Diafoirus verheiraten will – natürlich nur, um kostenlose Behandlungen zu bekommen – geht der Spaß erst richtig los. Angélique hingegen liebt den charmanten Cléante, der hartnäckig bereit ist, für sie durch dick und dünn zu gehen. Toinette spielt verrückte Streiche, um Argan zur Vernunft zu bringen und entwickelt kreative Pläne und Tricks, die wahren Absichten seiner Frau zu entlarven und Argan die Augen zu öffnen, seine Tochter vielleicht doch nicht ins Kloster zu schicken. Der Höhepunkt: Argan täuscht seinen eigenen Tod vor, nur um zu entdecken, wie sehr seine Familie wirklich an ihm hängt (Spoiler: Nicht so sehr, zumindest bei Béline).

Am Ende erkennt Argan, dass er eigentlich kerngesund ist – und dass ein bisschen weniger Drama und ein bisschen mehr Vertrauen in die Menschen um ihn herum sein Leben deutlich verbessern könnten. Eine spritzige Komödie voller Täuschungen, Missverständnisse und wohltuender Lacher!

Unsere Protagonisten, die sich mutig in die Rollen von Argan, Toinette und Co. stürzten, brachten Molières bissigen Humor mit jugendlichem Eifer und einer Prise unerwarteter Ironie zum Leben. Ich war beeindruckt, wie sie es schafften, den maroden Gesundheitszustand von Argan, dem eingebildeten Kranken, zu persiflieren, ohne dabei selbst krank zu wirken. Aufgrund der Doppelbesetzung der Hauptrolle war ich mir zunächst nicht sicher, ob es sich nicht um zwei Personen handelte – einen Eingebildeten und einen Kranken. Die jungen Schauspieler wechselten sich aber so gekonnt ab in ihrer Rolle, dass ich diesen Gedanken aufgrund des Charakters und der Leiden der beiden wieder verworfen hatte.

Argan, gespielt von J. Paschke und J. Baumann, deren Mimik und Gestik irgendwo zwischen großer Komödie und einer Parodie auf den Hausarztbesuch ihrer Kindheit schwankten, verbrachte den Großteil des Abends auf mir. Welch Wehleiden ich ertragen musste! Wenn er sich nur ein wenig mehr bewegen würde, dachte ich manchmal. Aber da lag er, jammernd und klagend, und ich musste jedes Stöhnen und Klagen miterleben. Ich möchte anmerken, dass er eine beeindruckende Sammlung von Pillen in XXL-Schachteln zur Schau stellte – ein wahrhaft engagierter Hypochonder! Die Schachteln hingen sogar von der Decke, so dass ihm die Pillen fast in den Mund zu fallen schienen – was für ein Schlaraffenland!

Toinette, die schlagfertige Dienerin, eroberte die Bühne mit einem Besen und einer Energie, die mich fast dazu brachte, mich an meinem eigenen Galgen hochzuziehen und mich aufrecht hinzusetzen. Sie huschte nur so um mich, führte Argan mit scharfer Zunge an der Nase herum und spielte ihre spöttischen Streiche mit einer solch sprühenden Lebendigkeit, dass ich beinahe vergessen hätte, dass ich eigentlich still und leblos sein sollte. Ihre sarkastischen Kommentare und witzigen Einlagen waren das Salz in der Suppe, und ich glaube, Molière selbst hätte seine wahre Freude an der Umsetzung seiner Komödie gehabt.

Doch der Höhepunkt des Abends war zweifellos der Moment, als Argan seinen eigenen Tod vortäuschte. Als er sich theatralisch auf mir ausstreckte und die Arme baumeln ließ, musste ich meine Schrauben fest anziehen, um nicht vor Lachen auseinanderzufallen. Die Schüler hatten wirklich ein Händchen dafür, die feinen Nuancen von Molières Humor zu erfassen und auf die Spitze zu treiben.

Nicht zu vergessen die grandiose Leistung des Ensembles, die weiteren Charaktere des Stücks herauszuarbeiten – von der geldgierigen und berechnenden Frau Béline bis zum Schwiegersohn in spe, ein wahrhaft ungeschickter bis überheblicher Sozial-Nerd. Jeder von ihnen brachte eine einzigartige Würze in dieses schon reichlich gewürzte Stück.

Am Ende des Abends fühlte ich, das Krankenbett, mich regelrecht erquickt und als „tragendes“ Element dieses Stücks – Achtung Wortspiel. Obwohl statisch und stumm, war ich doch das stille Zentrum und Zeitzeuge dieses Wirbelwinds aus Wortwitz und Theatralik.

Bravo, Chapeau! Ihr Schüler habt Molières „Der eingebildete Kranke“ nicht nur aufgeführt, sondern regelrecht neu belebt. Ich, euer treues Krankenbett, verneige mich vor euch – und hoffe, dass ich nicht unter den Hammer komme, auch wenn Frau Hager euch zurecht als solchen bezeichnet hat: Ihr wart der Hammer!

Fun Fact am Rande: Nach dem wohlverdienten Applaus wollten die begeisterten Schüler Frau Hager einen Blumenstrauß als Dank überreichen. Doch in ihrem jugendlichen Elan stürmten sie aus Versehen mit zwei Blumensträußen auf die Bühne – einen der beiden wollte wohl Herr Dr. Bettscheider an Frau Hager überreichen. So endete der Abend nicht nur mit einer gelungenen Aufführung, die allen noch lange in Erinnerung bleiben wird, sondern auch mit einem zusätzlichen Lacher und einem arbeitslosen Schulleiter.

Euer Krankenbett

Es spielten:

  • Argan: J. Baumann, J. Paschke
  • Toinette: H. Kever und K. Sander
  • Böse Schwiegermutter: L. Brodehl
  • Angelique: M. Frey
  • Herr Diaforius: L. Hauch
  • Thomas Diaforius: F. Scheitinger
  • Cleante: H. Weins
  • Argans Bruder Beralde: J. Ziemons
  • Ärzte und Notare: J. Degenhardt, P. Dewjatow, J. Essler, B. Koc, C. Königs, T. Krebs, M. Leblebici
  • Technik: T. Volkmer und T. Neudecker