Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Abitur!
Am 17.06.2022 wurde unsere Abiturientia 2022 mit den Worten „Man muss lernen, was zu lernen ist, und dann seinen Weg gehen“ (G.F. Händel) im Zinkhütter Hof feierlich verabschiedet. Mit einem ökumenischen Gottesdienst und festlich in musikalische Darbietungen eingebetteten Grußworten und Glückwünschen erfolgte anschließend die Ausgabe der Abiturzeugnisse – bewegende und unvergessliche Momente für unsere Abiturientia, ihre Eltern und unser Kollegium.
Grußworte des Schulleiters
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, liebe Eltern, Großeltern und Erziehungsberechtigte, liebe Festgäste, sehr geehrter Herr Bürgermeister Haas!
Ich begrüße Sie ganz herzlich zur Ausgabe der Abiturzeugnisse im Zinkhütter Hof und freue mich sehr, dass wir euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, endlich wieder feierlich und in der Sache angemessener Form euer Zeugnis überreichen können. Bevor wir hier formal werden, möchte ich euch aber erst einmal gratulieren: Herzlichen Glückwunsch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, zu dem bestandenen Abitur!
Ich freue mich darauf, dass ich euch gleich die wohlverdienten Urkunden überreichen darf. Manchen ist es zugefallen, manche haben sehr viel gearbeitet. Der eine oder die andere hat sich zwischendurch selbst im Weg gestanden. Entscheidend ist aber, dass ihr alle den angestrebten Abschluss geschafft habt. Ihr habt das erste wichtige Ziel in eurem Leben erreicht und euch das Reifezeugnis verdient.
Wir werden aber gleich nicht nur die Zeugnisse ausgeben, sondern auch diejenigen würdigen, die bereit waren, die sogenannte „Extrameile“ zu gehen und sich über das Normalmaß hinaus zu engagieren, und diejenigen, die durch besondere Begabung oder durch besonderen Fleiß sehr erfolgreich gewesen sind.
Ich freue mich sehr, dass wir in diesem Jahr endlich wieder Ehrengäste begrüßen dürfen. Durch Ihre Anwesenheit bekunden Sie Ihre Verbundenheit mit dem Ritzefeld-Gymnasium und unseren Abiturientinnen und Abiturienten, die heute offiziell aus dem schulischen Leben des Ritzefeld-Gymnasiums entlassen werden. … jedenfalls so lange, bis sie ihre eigenen Kinder hier anmelden oder als alle Bürgermeister zurückkommen. Ich begrüße Sie alle ganz herzlich!
Herzlichen Dank, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind.
Neben den Festgästen und Eltern begrüße ich auch alle Lehrerinnen und Lehrer, die trotz Schuljahresendstress gekommen sind, um an der Feier teilzunehmen und sich von euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, zu verabschieden. Schön, dass Sie da sind. Ganz herzlichen Dank auch an das Oberstufenteam und an das Organisationsteam der Eltern, die viel Zeit investiert haben, damit wir heute angemessen feiern können.
Im vergangenen Jahr wies ich in meiner Abiturrede darauf hin, dass wir seit 76 Jahren keinen Krieg und fast genauso lang keinen Hunger mehr in unserem Land hatten und dass man weiß, dass zwei oder drei Generationen nach einem großen Krieg der Krieg an Schrecken verliert und dass die allgemeine Kriegsgefahr spätestens dann wieder steigt, wenn man keine Augenzeugen des letzten Krieges mehr kennt. Ich habe auch die Hoffnung geäußert, dass die Coronakrise, zumindest ansatzweise, die Menschheit zum Nachdenken gebracht hat. Offensichtlich ist nun, dass das nicht bei allen Menschen der Fall gewesen ist.
Warum sprach und spreche ich darüber? Ich spreche darüber, weil ihr die Generation seid, die schon sehr bald über die Zukunft des Landes und der Welt mitbestimmen wird. Ihr werdet darüber nachdenken müssen, warum ein Krieg wie in der Ukraine heutzutage noch möglich ist und wie man das Risiko, dass so etwas passiert, minimiert …und… wie wichtig dabei unsere demokratische Grundordnung ist.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen zweiten Punkt erwähnen, der in die gleiche Richtung geht. Zu Beginn der Pandemie wurde tatsächlich darüber gesprochen, ob autokratisch geführte Länder wie China bessere Möglichkeiten haben, mit einer Pandemie umzugehen als unsere westlichen Demokratien. Zunächst schien das durchaus zuzutreffen. Ein autokratisches Land hat nämlich keinerlei Hemmungen, starke Einschränkungen der persönlichen Freiheit zu verfügen. So eine Entscheidung zur Einschränkung der Freiheit mag unter bestimmten Umständen bis zu einem gewissen Grad ihre Berechtigung haben. Doch wer entscheidet darüber, was berechtigt und notwendig ist? In der Regel neigen autokratische und autoritäre Systeme auch nicht dazu, Einschränkungen der Freiheit freiwillig wieder rückgängig zu machen. Und wohin das chinesische System mit seinen Einschränkungen führen kann, sieht man gerade in Shanghai, wo die Menschen monatelang eingesperrt waren oder noch sind und Mühe hatten, an etwas Essbares zu kommen.
Wir sind manchmal genervt, wenn sich Politiker und Journalisten über den richtigen Weg streiten. Die aus unterschiedlichen Gründen in Shanghai oder in Russland eingesperrten Menschen würden sich darüber freuen, wenn sich Politiker und Journalisten intensiv darüber öffentlich streiten könnten, welche Maßnahmen berechtigt und notwendig sind. Sie würden sich freuen, wenn man, ohne seine persönliche Sicherheit aufs Spiel zu setzen, auf Demonstrationen gehen könnte, um seiner Überzeugung Ausdruck zu verleihen, dass man anderer Meinung ist als die Regierung. Sie würden sich zunächst überhaupt erst einmal darüber freuen, wenn sie zuverlässige und wahre Informationen erhalten könnten, um sich eine eigene Meinung auf der Grundlage von Fakten bilden zu können.
Auch bezogen auf den russisch-ukrainischen Krieg wird noch einmal deutlich, welchen Wert die freie Presse hat. Kein Wunder, dass in despotischen oder autokratischen Systemen als erstes Stück für Stück die Pressefreiheit eingeschränkt wird. In einem undemokratischen System kann ein Regierungschef hemmungslos Länder überfallen, die Wirtschaft ruinieren und die jungen Männer und auch Frauen für seine persönlichen Ideen opfern, ohne sich vor seinem Volk rechtfertigen zu müssen.
In einer Zeit, in der es durch „social media“ und dem fast anarchischen Internet sowieso immer schwerer wird, zu erkennen, was wahr und richtig oder gelogen und falsch ist, wird noch einmal deutlich, dass die Pressefreiheit ein wesentlicher Grundpfeiler der Demokratie ist.
Erst die Pressefreit ermöglicht, dass man sich auseinandersetzt, dass man sich streitet. Gefühlt wird in Deutschland ständig über irgendetwas heftig diskutiert. Manchmal sachlich, oft aber auch auf der Basis von Gefühlen, Halbwissen oder falschen Fakten, sogenannten Fake News. Gegen Gefühle kann man auch gar nichts sagen, die gehören zum Menschen dazu, Halbwissen ist auch nicht schlimm, sofern man sich im Dialog streitet.
Ein Dialog setzt aber voraus, dass „man zuhört und dass man in der Lage ist, über Argumente zu sprechen, über Tatsachen, das heißt, man muss Wissen entwickeln“. Das sagt der Publizist und ehemalige Politiker Michel Friedman aus Frankfurt in seinem Buch über Streiten und Streitkultur, welches er vergangenes Jahr veröffentlicht hat.
Seiner Meinung nach ist Deutschland noch viel zu sehr eine Konsensgesellschaft und brauche deutlich mehr Streit auf der Basis einer Streitkultur. Was er in den öffentlichen Diskussionen beobachte, seien Monologe und keine Dialoge.
Eines der wichtigsten Wörter überhaupt sei das „Warum?“, so der Autor. Daraus ergäbe sich im Idealfall ein Dialog, aus dem sich dann ein „Weil“ entwickle. Streit sei die Auseinandersetzung mit anderen und deren Meinungen. „Streiten bedeutet lernen.“ Und: „Streiten bedeutet, lebendig zu sein.“
Streiten in diesem Sinne, ohne Aggressionen, auf der Basis von Tatsachen erfordert die Fähigkeit und den Willen zu erkennen, was Fake News sind.
Die wichtigsten Fragen, die man sich bezüglich Fake News stellen muss, sind: Wie ist die Nachricht gestaltet? Wer ist der Autor oder die Autorin? Gibt es ein Impressum? Was sagen andere Quellen? Macht einen Suchmaschinencheck und findet heraus, wo der Ursprung einer Meldung liegt.
Eine der wichtigsten Fragen ist, ob die Informationen plausibel und aktuell sind. Bilder, Videos und Audio-Dateien kann man übrigens auch technisch auf Fälschungen prüfen.
Auch in einer freien Gesellschaft mit einer funktionierenden Presse und funktionierenden Gewaltenteilung ist es nicht immer leicht, Fake News zu entlarven, aber mit etwas gutem Willen ist dies sehr wohl möglich.
Krisen soll man bekanntlich nutzen. Nutzen wir die aktuellen Krisen, um uns noch einmal bewusst zu machen, wie wertvoll eine friedliche, freie und funktionierende Demokratie ist und dass es sich lohnt, dafür auf allen Ebenen und zu jeder Zeit im Dialog zu streiten. Egal, ob im Alltag oder im Beruf.
Gefühlt wart ihr vor Kurzem noch die süßen Fünftklässler, auch wenn es in Wirklichkeit acht Jahre her ist. Die Zeitspanne von der Klasse 5 bis zu eurer Schulentlassung war im Rückblick recht kurz. In weiteren acht Jahren werdet ihr zu dem Teil der Gesellschaft gehören, der aktiv mitbestimmt und das öffentliche Leben gestaltet. Ihr werdet Entscheidungen treffen, euch mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen auseinandersetzen müssen. Seid euch der Verantwortung bewusst und habt den Mut, euch diesen Herausforderungen zu stellen.
„Man muss lernen, was zu lernen ist und dann seinen eigenen Weg gehen“, diese Aussage wird dem Komponisten Georg Friedrich Händel in den Mund gelegt. Was Händel meint, ist, dass im Leben eines Menschen irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem man aus dem Nest herauskommen und Verantwortung für sein eigenes Leben übernehmen muss. Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen.
Eure Lehrerinnen und Lehrer und eure Eltern haben ihr Bestes gegeben, euch auf die Zukunft ausreichend vorzubereiten. Das war für alle Beteiligten manchmal mehr und manchmal weniger anstrengend. Die Anstrengung hat sich aber gelohnt. Ihr könnt euch alle sicher sein, dass ihr das notwendige Rüstzeug habt, eigenverantwortlich euer zukünftiges Leben zu gestalten. Daher ist es mehr als angemessen, euren Eltern und euren Lehrerinnen und Lehrern heute zu gratulieren und (vielleicht mit einem kräftigen Applaus) ihnen zu danken.
Diejenigen, die bei dem Sprung in die Selbstständigkeit noch etwas zögerlich sind und sich eher noch in der passiven Schülerrolle befinden, sei gesagt, dass Herr Händel sicher nicht meinte, dass man nach dem Abitur nichts mehr lernen muss. Jetzt geht es nämlich erst richtig los damit. Die Welt und die Herausforderungen, vor denen die Welt, in der wir leben, steht, ändern sich rasant. Die wichtigsten Fähigkeiten, die ihr daher braucht, sind Flexibilität und die Bereitschaft, lebenslang zu lernen.
Ich hoffe sehr, dass ihr in den vergangenen Jahren erfahren habt, dass Lernen nicht nur eine Pflichtübung zur Erreichung eines Ziels ist, sondern dass Lernen einen auch persönlich voranbringt. Ein Ziel fest im Auge zu haben ist eine gute Sache, aber vergesst auf dem Weg in die Zukunft nicht, auch einmal nach links und rechts zu schauen. Zu schauen, was eure Mitmenschen machen, zu schauen, ob ihr nicht gerade an eurem Glück vorbeirennt. Vergesst auch nicht, einmal innezuhalten und zu überlegen, ob ihr auf dem richtigen Weg seid und was euch im Leben wirklich wichtig ist.
Sehr hilfreich dürfte es dabei übrigens sein, ab und zu sein Smartphone beiseitezulegen, sich von der virtuellen Welt zeitweise abzukoppeln und sich nicht mit permanenten News, Games und Social Media zu betäuben, sondern sich wirklich zu erholen. Sei es durch wirkliches Nichtstun, durch Sport treiben, durch gute Gespräche mit der Familie, Freundinnen oder Freunden oder durch das Lesen eines Buches, in welchem Format auch immer.
Nur wenn ihr euch ab und zu vergewissert, dass ihr auf dem richtigen Weg seid und nicht in Hektik durch den Alltag eilt, werdet ihr die Kraft aufbringen, Herausforderungen zu begegnen und Hindernisse zu überwinden. Denn die wird es geben in eurem Leben und dabei fällt man auch mal hin. Die wirklich erfolgreichen Menschen sind aber nicht die, die nie gestolpert oder gefallen sind, sondern die, die die Kraft haben, immer wieder aufzustehen. Der große Albert Einstein sagte dazu: „Wer noch nie einen Misserfolg hatte, hat noch nie etwas Neues versucht.“
Wie langweilig wäre aber das Leben, wenn man nicht ab und zu etwas Neues versuchen würde.
Ich wünsche euch den Optimismus und die Kraft, regelmäßig etwas Neues zu versuchen, und ich wünsche euch darüber hinaus stets einen Wegbegleiter, der euch dabei unterstützt.
Ich wünsche euch die Weisheit, das Wichtige und Wahre vom Unwichtigen und Unwahren zu unterscheiden, den Mut, zu eurer Meinung zu stehen, die Souveränität, ab und an dem Zeitgeist zu widerstehen, und die Tatkraft, um das, was ihr für richtig und gut erkannt habt, auch durchzusetzen.
Ihr habt in doppelter Hinsicht Anlass, euch zu freuen: Sowohl über das Erreichte als auch auf das, was vor euch liegt. In diese Freude mischt sich sicher Erleichterung und das gute Gefühl, frei zu sein, frei von allen Schulsorgen und Schulzwängen, frei für die Zukunft. Genießt diesen Augenblick und schöpft daraus Kraft für die vor euch liegenden Aufgaben.
Zum Abschluss möchte ich betonen, dass es uns wichtig ist, dass ihr bald wiederkommt und uns, euren Lehrerinnen und Lehrern, erzählt, wie es euch ergangen ist. Bleibt mit uns verbunden.
Mit dem Ritze in Kontakt zu bleiben, ist bekanntlich auch gar nicht so schwer. Es gibt hervorragende Musikveranstaltungen, das jährliche Herbstfest, das nun hoffentlich auch wieder regelmäßig stattfinden kann, und es gibt natürlich auch noch den Förderkreis für Freunde, Förderer und Ehemalige.
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, ich gratuliere euch noch einmal von Herzen zu eurem erreichten Abitur.
Jetzt feiern wir aber erst einmal und ihr genießt einfach die kommenden Tage, die ohne weitere Verpflichtungen sind.
Unsere Abiturientinnen und Abiturienten:
Selinay Baser, Katharina Bauer, Marit Becker, Sehrish Bhatti, Finn Böhle, Benedikt Böhm, Mira Breuer, Sara Chanfouh, Tim Classen, Michael Conrads, Nina Conrads, Kimberley Dobbermann, Seval Durdu, Lukas Erhard, Marie Fest, Elisa Gerold, Max Gessenich, Alisha Ghorab, Sara Gnizia, Julian Haubrich, Renee Helmel, Julia Hendrichs, Sophia Herpertz, Fabiana Hermann, Joshua Humberg, Yahya Ibrahim, Ibrahim Kalil, Pavle Kantolić, Nora-Emily Kemmerich, Lena Kirch, Luca Kraus, Martin Kruppa, Gianna Kusch, Laura Leblebici, Paul Mathar, Paula Mertes, Julia Mojert, Sophia Naumann, Paul Peters, Elena Petkova, Valeria Plesco, Tim Prehler, Ella-Marie Preuschoff, Jan Salzmann, Jeremiah Schiebel, Anna Schreck, Alexandra Schulte, Sara Sealiti, Fabio Simons, Lara Soldan, Justin Sonnefeld, Maike Stadelmann, Kira Starck, Lucca Strauch, Finn Suchert, Lilli Takacs, Adrian Wilden, Joyce-Isabelle Wilhardt, Jonas Wolf, Ervin Yilmaz
Fotos: D. Fischer